Wie ich einmal 3.000 Euro sparte.

Das reparierte Display im Einsatz mit Apple Car Play. Rechts die SD-Karte mit den Kartendaten für das Navi, die zu klein geworden ist für die aktuellen Kartenupdates von Volkswagen, die sich aber auch nicht einfach durch eine beliebige SD-Karte ersetzen lässt.
1. Die Klimaanlage
Neulich fiel bei meinem Caddy (Baujahr 2017), die Klimaanlage aus. Es ist nicht sehr lustig, mit zwei Kindern längere Fahrten durchzustehen, wenn das Außenthermometer 35 Grad zeigt, du auf dem Autobahnring um Antwerpen im Stau stehst und die Klimaanlage geht nicht. Du hast dann die Wahl zwischen dem Rauschen der voll eingeschalteten Lüftung, dem Vorbeirauschen der Fahrzeuge auf der Gegenspur (die keinen Stau haben, is klar) bei geöffneten Fenstern - oder etwas weniger Lärm aber einem schleichenden Hitzeschlag.
Es waren Pfingstferien, und wir hatten beschlossen, von München aus in den Norden zu fahren, auf die holländische Halbinsel Zeeland ans Meer, weil das vermutlich sehr viel weniger Menschen tun würden als in den Süden. An Ferien-, Feier- oder auch nur an schönen Wochenendtagen ist es wirklich kein Spaß, von München aus in Südrichtung aufzubrechen, völlig egal, ob du über den Brenner nach Italien willst, nach Kroatien oder einfach nur bis zum Chiemsee oder nach Salzburg.
Du stehst ab Holzkirchen im Stau, spätestens am Irschenberg, und dann reiht sich Unterbrechung an Unterbrechung. Wir haben mal über Pfingsten 16 Stunden nach Kroatien gebraucht, dabei ist das Hafenstädtchen Poreč auf der istrischen Halbinsel gar nicht sooo weit von München entfernt, nicht so weit jedenfalls wie das holländische Zeeland. Aber jenseits von Salzburg bis durch den Karawankentunnel hindurch war damals eigentlich alles eine einzige genervte, vor sich hinleidende Blechlawine, wir inklusive. Und auf der Rückreise wieder.
Wir hätten ja auch mit dem Zug fahren können, ganz richtig. Vielleicht nicht ganz bis an den Deich - aber bis Antwerpen auf jeden Fall. Aber abgesehen davon, dass die Bahn gerade die Familienreservierungen gekillt hat (wtf?), ist es mit einem gehbehinderten Kind eben ein klitzekleines bisschen komfortabler, E-Liegerad und Rollstuhl einfach in den Caddy zu laden, bisschen Gepäck dazu, noch paar Räder für den Rest der Familie auf die Anhängerkupplung (Räder sind in Holland einfach unverzichtbar, besonders auf Zeeland), und auf geht's, bis direkt ans Ziel, mit Zwischenstopp bei der Oma. Vorausgesetzt, die Klimaanlage geht (die soll ja übrigens auch in Zügen häufiger den Dienst verweigern, gerade an sehr heißen Tagen, und wenn dein Abteil wegen Ausfall der Klimaanlage gesperrt ist, nützt dir auch die schönste Individual-Reservierung nichts).
Ich also paar Tage vor Abfahrt schnell noch einen Termin bei der Münchner Markenwerkstatt vereinbart, die mittlerweile komplett zum Volkswagen-Konzern gehört. "Jaa, das wird leider teuer", ruft mich der Kundenberater nach der Erstdiagnose wie vereinbart an, "der Klimakondensator ist undicht, Sie verlieren das Kühlmittel." Sie hätten den Kondensator testweise mit Kontrastmittel befüllt und das gemessen. "So etwa 1.700 Euro", sagt der Berater ins Telefon.
Ich schweige eine Zehntelsekunde und sage dann "das ist mir zu teuer, das kommt nicht in Frage, den Auftrag erteile ich nicht. Bitte stellen Sie die Arbeit ein". Der Berater etwas kleinlaut "aber Sie bekommen doch 20% auf Teile und Stunden". Sie drehen dir eine Kundenkarte an (die du sogar einmalig bezahlen musst), und auf die du dann über einen Zeitraum von zwei, drei Jahren 20% Rabatt auf Teile und Arbeitszeit bekommst. Kundenbindung, yeah! Hört sich eigentlich toll an, relativiert sich aber, wenn du realisierst, dass die Preise mindestens 30% höher sind in dieser Markenwerkstatt als sonst irgendwo. Das ist so ähnlich wie Kundenkarten bei Tankstellen, bei denen du zwar Rabatt für Markentreue kriegst, aber auf durchschnittlich höhere Literpreise. Irgendwie müssen sich die aufwändigen Kundenbindungsaktionen ja refinanzieren. Sowas denken sich besonders schlaue BWL-Absolventen mit Schwerpunkt Marketing aus und merken nicht, dass sich langfristig jeder verarscht fühlt, der nur einen Funken rechnen kann. Und dass das mit der Kundenbindung langfristig nach hinten losgeht.
Ich musste dann trotzdem noch einen Tag länger warten, weil der Caddy noch auf der Hebebühne war ("der Mechaniker ist schon nach Hause"), erst alles wieder zusammenschrauben und so. Am Ende 200 Euro nur dafür bezahlt, dass der Schaden "diagnostiziert" wurde, und auf der Rechnung stand "Anlage ist leer".
Ich also zu einer freien Werkstatt, mal gucken, ob das sonst noch wer kann und was das dann kostet. Das Original-Ersatzteil jedenfalls gibt es für 150 Euro. Die Füllung mit Spezial-Kühlmittel der neuesten Generation: 180 Euro. Rest Arbeitszeit, Steuern. Der Inhaber persönlich (der Betrieb besteht nur aus zwei Leuten) begrüßt mich bei greller Mittagssonne mit einer eingeschalteten Stirnlampe am Kopf (damit guckt er unter Motorhauben und sieht ein wenig spooky aus, etwa so wie der Augenmacher in "Blade Runner"), lässt sich den Fahrzeugschein geben und murmelt mit griechischem Akzent "Kühlkondensator undicht bei Caddy Baujahr 2017? Sehr ungewöhnlich. Kann ich gar nicht glauben". Und dann "Ich hasse es, wenn Werkstätten ihren Kunden Märchen erzählen".
Wortlos steigt er in meinen Caddy, fährt ihn in die Halle, "mach mal die Motorhaube auf", rollt einen Kompressor ran und saugt den Druck aus der Anlage. "Motor anlassen", fährt mit einem kleinen piependen Messgerät am Kühlergrill entlang und meint dann "da gibt es keine Spuren von Kontrastmittel, ich erkenne auch kein Leck. Bist du sicher, dass die das wirklich gemessen haben?" Ich stottere ein wenig rum, steht auf der Rechnung, Kundenberater und so. "Fahr einfach mal testweise, es gibt nirgends Stellen von Undichtigkeit. Sollte sie doch undicht sein, können wir immer noch die Reparatur machen". Keine 15 Minuten hat die Aktion gedauert. Er berechnet nichts. Die Anlage ist dicht, kühlt nun wieder einwandfrei. Bis heute.
Ich war mindestens 20 Jahre Kunde bei der Volkswagen-Markenwerkstatt. Ich werde dort nie wieder einen Termin machen. Ahnungslosigkeit oder schlechter Service sind das eine. Zerstörtes Vertrauen und Kundenverarsche etwas anderes.
2. Der Touchscreen-Digitizer
des Navi
And now to something completely different. Im gleichen Caddy gibt es ein Multifunktionsgerät mit Touch-Display, mit dem sich ein CD-Player, zwei SD-Kartenleser (einer dafür für die Kartendaten im Navi), die Freisprechanlage, einige Fahrzeugeinstellungen sowie das Navi bedienen lassen. Auch die Rückfahrkamera wird über das Display dargestellt, sobald man den Rückwärtsgang einlegt. Das Gerät war auch 2017 technisch eher schon veraltet, steht aber trotzdem mit vierstelligen Preisen im Car Configurator. Die mitgelieferte SD-Karte mit 16 GByte lässt sich manuell updaten, indem man den Schreibschutzschieber öffnet, die neuesten Daten am PC von einer VW-Webseite lädt und auf die Karte schreibt (vorausgesetzt, man hat einen SD-Kartenleser). Leider hat die mit dem Fahrzeug ausgelieferte Speicherkarte schlicht zu wenig Speicherplatz für die neuesten Versionen der Kartendaten, die Datenmenge ist im Laufe der Zeit gewachsen - über 16 GByte für das Europa-Paket.
Weil es sich bei der SD Card aber um ein proprietär verschlüsseltes VW-Format handelt, kannst du dir nicht einfach eine doppelt so große Speicherkarte beim Media Markt schießen oder bei amazon. Sondern nur bei Volkswagen. Sonst erkennt das Navi die Karte nicht. Was im Elektronik-Handel mittlerweile für unter 10 Euro zu haben ist, kostet bei VW: 200 Euro. Du löschst also kopfschüttelnd den mutmaßlich nie benötigten Teil von Europa und fährst mit weniger Daten auf der alten SD Card weiter. Noch ganz anders: Du tust gar nichts von alledem, steckst dein iPhone über Apple Car Play ans Gerät und navigiert nur noch mit den Echtzeitdaten von Google Maps. Die Navi-Software von VW war eh Mist, vor allem bei Stauprognosen hoffnungslos lost ohne Echtzeit-Daten. Und nie aktuell.
Leider spielt aber auch Apple Car Play auch nur dann so richtig mit, wenn der Touch-Screen funktioniert wie er soll. Tat er aber nicht mehr. Wenn eine Geisterfahrer-Warnung eingespielt wird, du über eine Landesgrenze fährst, möchtest du die entsprechenden Popups bitte schnell wegklicken. Geht nicht mehr. Dass der Digitizer des Touch-Displays generell gerne nach ein paar Jahren den Dienst verweigert, ließ sich leicht googeln: Das Problem tritt nicht nur beim Caddy auf, sondern bei allen Modellen, die diesen Digitizer verwenden. Besagte Werkstatt hat dann auch nur ganz zaghaft versucht, mir das Austauschgerät für die kompletten 1.500 Euro anzudrehen. Der Berater kannte bereits meine Meinung zur SD-Speicherkarte und hat gleich verschwörerisch vorgeschlagen, ein Gebrauchtgerät bei eBay für rund 300 Euro zu kaufen. Ich habe ihm dann gesagt, dass ich mir stattdessen lieber die neueste Navi-Hardware von Garmin kaufen würde und dann mit einem sehr guten Neugerät immer noch günstiger dran wäre als mit dem veralteten Gebrauchtgerät und seiner lächerlichen Speicherkarte.
Auf eBay gibt es aber auch einen Reparaturservice für genau dieses Gerät. Für 150 Euro schickst du das defekte Teil ein und kriegst es mit neuem Digitizer wieder. "Moment", dachte ich mir, "vielleicht kann ich das auch selber reparieren". Das frag ich jetzt mal eine KI.
Das Gute an KI-Suchmaschinen wie Perplexity ist, dass man ihnen solche relativ komplexen Fragen einfach mal reinballern kann, ein paar Gerätedaten und die HSN und TSN vom Fahrzeug noch dazu - und schon kommt eine ziemlich hilfreiche Antwort zurück. Selbst hätte ich das weder so schnell noch so umfassend zusammentragen können, schon gar nicht die hilfreichen Quellen von den sinnlosen trennen. Ich wusste also im Handumdrehen, dass das Problem a) häufiger vorkommt, dass es b) auf amazon das entsprechende Ersatzteil zu kaufen gibt - und c) auf YouTube eine Reihe sehr nützlicher Reparaturvideos dazu.
Langer Rede kurzer Sinn: In einer halben Stunde hatte ich mit dem Video gelernt, was zu tun war, das richtige Ersatzteil bestellt: 25 Euro. Einen Tag später war es da. Die Reparatur selbst hat keine halbe Stunde gedauert.