Wirtschaftskrise und kein Ende:
Jetzt auch schon Schaufensterpuppen
im Stimmungstief!
Das ist die einzige schlecht gelaunte Schaufensterpuppe, die ich jemals gesehen habe. Und die einzige Form von schlechter Laune, bei der ich selber sofort bessere kriege. Mutmaßlich hat sich der Absatz schlecht gelaunter Schaufensterpuppen derart nachteilig entwickelt, dass der Designer erst selber anfing zu gucken wie seine Puppe - und dann Trikotagenverkäufer wurde. Oder Busfahrer.
Das Gemeine an diesem Foto im Jahr eins nach Chat GPT ist ja, dass das Bild keinen Ungewöhnlichkeitsmoment mehr bietet: Ein cleverer Prompt, und Midjouney oder jede andere halbwegs leistungsfähige KI wird dir ein solches Motiv zusammenhalluzinieren. Vielleicht probiere ich das demnächst ja mal aus und ergänze das hier. Man kann ja nirgends mehr hinklicken, um in eine Wirklichkeit hineingeflunkert zu werden, die überhaupt nicht existiert, Böse Zungen behaupten, die Werbung habe seit 50 Jahren auch nichts anderes getan. Aber das jetzt hat eine neue Qualität, denn Ariel wusch immerhin noch für alle porentief rein.
Fakt ist: Die Puppe ist echt. Ich habe sie in Bozen/Südtirol in der Fußgängerzone nah dem Waltherplatz fotografiert. Vor rund 20 Jahren. Der Gesichtsausdruck passt übrigens perfekt zur gesellschaftlichen Grundstimmung, der die Gesellschaft für Konsumforschung GfK in ihrer jüngsten Konsumklimastudie, immer noch ganz miese Werte bescheinigt. Post Corona scheinen die Deutschen auf den Trichter gekommen zu sein, dass hemmungsloser Konsumismus vielleicht klingen mag wie eine Ideologie oder Religion, auf Dauer aber leider doch nicht annähernd so tröstlich und sinnstiftend ist, angesichts der ganzen Riesenkrisen rundherum. Und außerdem den Planeten zerstört.
Der kurze
Dopaminausstoß eines Kauferlebnisses lässt sich ja auch viel einfacher am heimischen Computer online erzeugen - oder noch besser, bewegungslos auf dem Sofa liegend mit dem iPhone. Ohne sich physisch in die seelenlosen Alltagshöllen begeben zu müssen, zu denen wir unsere Innenstädte in den letzten Jahrzehnten umgebaut haben. Ohne Parkplatzsuche in der Innenstadt und diese unfassbar nervigen Lastenradfahrerinnen, die einem überall gegen die Einbahnstraße entgegenkommen. Ohne Hundekacke-Tretminen auf dem Pflaster, lärmende Panflötenkombos in der Fußgängerzone, die immer gleichen öden Wegwerfbekleidungslabels oder Tüten, die nicht mal ihr eigenes Gewicht halten und auf dem Zebrastreifen bei umspringender Ampel unter hässlichen Reißgeräuschen ihren Inhalt bodenwärts verteilen.
Soziologen nennen das auch den "Rückzug ins Private", und als Schaufensterpuppe würde ich da auch richtig schlechte Laune kriegen. Das ist ja wie eine Theaterbühne und keiner will mehr das Stück sehen. Allerdings ist die Puppe jung genug, um nicht dauerhaft miesepetrig bleiben zu müssen: Was die U20 betrifft, bin ich ziemlich optimistisch, dass sie die Herausforderungen des 21st Century nicht nur sehr gut verstanden, sondern auch ihre Antworten darauf haben. Nur ganz anders als alle denken.
Die Zukunft lässt sich jedenfalls nicht lösen, indem man sich aus Mangel an Mut und Ideen einfach an das Vergangene klammert.