21st Century Moment

Das Original war seinerzeit bei Facebook. Ich bin schon lange nicht mehr bei Facebook, das Konto ist längst mit allen Inhalten gelöscht. Das hat Gründe. Aber den Screenshot von damals wollte ich nicht einfach löschen. Er ist einfach zu selten.
Die Schönheit der Zahlenkombinationen
Wenn das ein Computer gemacht hat, dachte er, dann war er Ästhet, dann muss man ihn bewundern. Er fühlte sich seltsam bei der Erkenntnis, die Ästhetik der Zahlenkombinationen körperlich spüren zu können, wo Zahlen ihm sonst nur wenig bedeuteten. Kunst ist weitgehend Zufall, dachte er, und sie lässt sowohl den Künstler wie auch den Betrachter im Glauben, da sei etwas mit Plan und Absicht entstanden. Kein besserer Weg, das Leben an sich zu beschreiben...
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Oberstudienrat Greuther wollte gerade sein Moleskine zuklappen, als ihm plötzlich alles so lächerlich erschien, so wirr und ganz ohne Sinn, dieses ganze Getue, so affektiert, gekünstelt und aufgesetzt. Kichernd riss er die Seite aus, zerknüllte sie und warf sie über die Schulter in Richtung Papierkorb. Wie immer traf er nicht. Es klappte nie. Er warf das Büchlein hinterher, und es kümmerte ihn nicht, wo es niederfiel.
Der Versuch, den Dingen eine Richtung und einen Sinn geben zu wollen, ist in gleichem Maße ehrenhaft und jämmerlich.
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Die Stille holte ihn ein und überrollte ihn wie ein Güterzug aus dem Nichts, er war unfähig auszuweichen. Er hatte kaum je etwas anderers getan als auszuweichen, und nun holte ihn die Stille ein und konfrontierte ihn mit sich selbst und das mit solcher Wucht, dass es ihm den Atem nahm. "Milch", dröhnte ihm der Kopf, "wir haben keine Milch mehr".
Du machst ja gar nicht. Du tust nur.
Ist das etwa ein Unterschied?
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Als sie die Straße betrat, trieb der Wind nasskalte Schneeflocken ins Licht der Laternen, und es fühlte sich nach Erkältung und Schmerzen an. Sie fröstelte und lief los. Ihre Absätze klangen in der Dunkelheit, als sei sie der einzige Mensch auf dem Planeten.
Wenn man hinter Motivationen schaut, dachte er, auf das, was Menschen aus welchem Grund bewegt, und wenn man dann alles weglässt, was irgendwie jämmerlich ist und armselig, was bleibt dann übrig? Sie befolgen Befehle, seien sie nun innerer oder äußerer Natur, folgen Zwängen, Ängsten. Wie viel wahre Größe bleibt, nein, bleibt nicht, dachte er. Vielleicht ist ja das der Grund. Nicht 15 Minuten Ruhm sollt ihr haben, nein, 15 Minuten Größe, und diese 15 Minuten kosten ein ganzes Leben.
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Es geht um 600.000 Dollar. Doch nur um Geld? Mit Geld kann man keine Liebe kaufen, Geld ist nur Asche. Du Narr. Natürlich kann man mit Geld Liebe kaufen, denn Geld ist Zeit, und Zeit bedeutet Zeit für Aufmerksamkeit, und Aufmerksamkeit ist so kostbar wie Liebe. Deine Milchmädchenrechnungen sind legendär. Wieso eigentlich 600.000?
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Ist das zu viel oder zu wenig?
Ich habe das Licht ausgemacht und angehalten.
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