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Großglockner über Stüdlgrat

Da geht's zua wia am Stachus

Wundervolle Tagestour über den höchsten Berg Österreichs, den Großglockner (3.798 m) bei idealen Bedingungen. Nachdem wir letztes Jahr Ende Juni in 3.400 Metern wegen einer aufziehenden Schlechtwetterfront und unglaublichen Neuschneemassen abbrechen und umkehren mussten - und auch den neuerlichen Anlauf vor zwei Wochen zunächst verschieben mussten, hat es dieses Mal endlich geklappt.

05:34 Nach kurzer Nacht auf der Stüdlhütte in 2.800 Metern und noch kürzerem Frühstück die ersten Lichtstrahlen des neuen Tags. Wir sind im Schein der Stirnlampen auf dem Weg zum Stüdlgrat. Die Silhouette im Hintergrund ist der Glockner. Da wollen wir rauf. Knapp 1.000 Höhenmeter - im Vergleich zur Watzmann-Ostwand mit Überschreitung zwar überschaubar (dort sind es 1.800 hm für die Ostwand plus 300 hm für die Überschreitung) aber aufgrund der Hochlage trotzdem nicht zu unterschätzen...


07:17 Das Licht des Tages schiebt sich über den Alpenkamm. Es ist mit fünf Grad plus angenehm mild und beinahe windstill. Ideale Bedingungen - sieht man von der zunehmenden Steinschlaggefahr ab, die bei dauerhaften Plusgraden rapide ansteigt.


07:26 Blick hinüber auf den Großvenediger. Er ist mit 3.657 Metern zwar etwas niedriger als der Großglockner - aber auch viel flacher. So hält sich der Gipfelgletscher deutlich besser als am Glockner.


07:27 Philipp steigt vor, wir klettern nach. Der Stüdlgrat ist allerschönste Plaisirkletterei in leichtem Fels und sehr gut abgesichert - beinahe schon zu gut - um nicht zu sagen, weitgehend entschärft. Allerdings in ziemlicher Höhe. Und das brüchige Gestein muss man auch mögen.


07:30 Hoch über dem Keidnitzkees-Gletscher löse ich die Sicherung, damit wir nachsteigen können. Die Sonne erscheint am Kamm.


07:34 Vor uns am Gipfelgrat bereits einige Seilschaften. Teilweise sind sie schon um halb zwei in der Früh (!) ausgerückt. Bei völliger Dunkelheit klettern finde ich freilich total bala: Vom gesamten Aufstieg nix sehen als nur den nächsten Griff vor der Nase? Kannste ja gar nicht genießen!


07:37 Der Herr Ulrich kraxelt über den unverwechselbaren Fels des Glockner (es handelt sich um Prasinit, ganz interessant zu googeln) und hat noch nicht die übliche Sonnenbrille auf, dafür aber durchaus einige Spuren von Anstrengung bzw. der allzu kurzen Nacht im Gesicht..


07:54 Kaum ist die Sonne raus, wird es warm. Und das auf 3.700 Metern! Es ist nicht zu fassen: Ich fange an zu schwitzen!


08:47 Am Gipfel hast du immer erst 50 Prozent der Tour. Bei uns sind es sogar deutlich weniger, weil wir heute noch den gesamten Berg bis zum Lucknerhaus abklettern und nach München zurückfahren wollen. Rechts: Seilkamerad Roland Bader, den ich bei der Tour kennengelernt habe, und der in punkto Erfahrung und Kondition prima zur Gruppe passte - alles andere als selbstverständlich.


08:47 Die Pasterze am Fuß des Großglockners. Der riesige Gletscher hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen, ist aber noch immer gewaltig.


08:59 Der "Stau auf der A1" wie Philipp trocken die Bergsteigerkette am "Glocknerleitl" kommentiert (das ist der Übergang von Klein- zum Großglockner): Am Glocknergipfel bist du bei gutem Wetter niemals allein. Rund 30.000 Menschen kommen jedes Jahr hierher. Die eine Hälfte will noch rauf, die andere runter, es ist ein herrliches Gedränge. Die Meisten kommen über die einfachste Route, den Normalweg (der allerdings auch schon einiges an Können und Kondition erfordert). Wir sind dann rechts an all den Tschechen (der Erbauer der Stüdlhütte kam aus Prag; traditionell sind viele Osteuropäer am Glockner), Finnen und allen anderen im Stau vorbeigeklettert, über den Mürztaler Steig und die Burgwartscharte. Manchmal hat es eindeutig Vorteile, wenn man was beherrscht, was nicht alle können. Und wenn man einen Guide hat, der die Tricks kennt. Herzlichen Dank deshalb auch an Philipp Leopolter, der uns nicht nur kundig geführt hat, sondern auch erkannte, dass er uns eine alternative Abstiegsroute zumuten kann - und smart genug war, sie dann auch zu nehmen. Hat uns sicher zwei Stunden beim Abstieg gespart.


11:41 Kurz vor Rückkehr zur Stüdlhütte müssen wir bei der Durchquerung des Keidnitzkees noch ein paar Gletscherspalten überspringen. Schön, wenn sie so offen liegen wie heute. Letztes Jahr waren sie von Neuschnee bedeckt, das kann dann schnell heikel werden.


12:14 Der Glocknerkönig, mit 3.798 Metern höchster Berg Österreichs. So lange du noch noch nicht vom Berg herunter bist, gehörst du ihm. Erst wenn du wirklich unten bist, gehört er dir. Wir sind links hoch, das ist der Stüdlgrat, bis direkt zum Gipfel. Und rechts wieder runter, über den Kleinglockner, die Adlersruh, den Mürztaler Steig und die Burgwartscharte.


Die Stüdlhütte auf 2.801 m. Großartiges Essen, 120 Betten (im Lager), Sonnenterrasse, toller Ausgangspunkt. Muss man sich aber auch erst verdienen, der Aufstieg vom Parkplatz am Lucknerhaus (1.700 m) dauert rund eineinhalb bis zwei Stunden, je nach Kondition.


Servus Eich, bis irgendwann!

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